„Unser Organigramm ist historisch gewachsen und schon längere Zeit nicht mehr grundlegend angepasst worden. Wir wissen nicht, ob die damit einhergehende Aufbauorganisation noch zeitgemäß ist beziehungsweise unsere Ziele unterstützt. Wie können wir bei der Analyse und möglichen Anpassung strukturiert vorgehen?“
Dr. Matthias Walter, Geschäftsführer der Augsburger Unternehmensberatung Blue Advisory GmbH und Experte für Organisationstransfer, gibt eine Einschätzung ab:
Das Organigramm eines Unternehmens ist auch für uns als externe Berater immer ein guter Einstieg in ein Projekt, da es viel über das Unternehmen aussagt und sich einige relevante Informationen daraus ableiten lassen. Dies geht über das reine Ablesen von Namen und Zuständigkeiten hinaus und gibt bspw. wertvolle Hinweise, welche Themen im Unternehmen hohe Priorität genießen oder welche Bereiche inhaltlich beziehungsweise personell zusammenhängen. Welche Themen sind beispielsweise über Stabstellen adressiert? Für welche Themen gibt es dedizierte Organisationseinheiten? Für welche nicht?
Oft hören wir in diesem Zusammenhang auch Aussagen wie „das Organigramm ist nicht aussagekräftig“ oder „daran haben wir in den letzten Jahren nicht viel gemacht“. Interessant wird es auch dann, wenn sich uns die Struktur nicht von selbst erschließt und mehr Fragen als Antworten hervorruft.
Struktur und System sind essenziell
Genau an diesem Punkt setzt auch meine Empfehlung für Sie an: Gehen Sie bei einer Überprüfung und ggf. Anpassung der Organisation strukturiert und systematisch vor! Zum Beispiel können Sie sich Prinzipien für eine zukunftssichere Organisation überlegen (oder aus Best Practices ableiten) und die heutige Aufbauorganisation daran messen. Ein solches Prinzip kann beispielsweise lauten, dass Entscheidungs- und Delegationsketten so kurz wie möglich sind und einem konsistenten und nachvollziehbaren Schema folgen oder dass die Aufbauorganisation unabhängig von einzelnen Personen ist. Auch die oben bereits erwähnte Verständlichkeit des Organigramms für Interne und Externe kann ein Prinzip sein. Behalten Sie bei der Formulierung der Prinzipien bereits auch mögliche Veränderungen im Unternehmen (zum Beispiel neue Strategien, Produkte, Märkte etc.) im Hinterkopf.
Scoring-Modelle können hilfreich sein
Bewerten Sie den heutigen Erfüllungsgrad dieser Prinzipien dann systematisch (zum Beispiel mit einem einfachen Scoring-Modell). Als Ergebnis erhalten Sie Handlungsfelder („wo müssen wir was mit welcher Wichtigkeit tun“), aber auch die Aspekte, bei denen Sie schon gut aufgestellt sind. Erarbeiten Sie dann Organisationsvarianten, welche die identifizierten Handlungsfelder adressieren und bewerten auch diese anhand des Scoring-Modells. So können Sie auch (erwartete) Verbesserungen durch die Organisationsveränderung grob bewerten.
Wichtig an dieser Stelle ist, dass es in einem solchen Organisationstransfer immer begründete Ausnahmen von einem „theoretischen“ Prinzip geben wird. Dies ist nicht schlimm, sofern Sie diese Ausnahmen sorgfältig dokumentieren.
So funktioniert die Transferphase
Wenn die neue Aufbauorganisation festgelegt und verabschiedet ist, beginnt die Phase des Transfers. Auch hier sollten Sie strukturiert vorgehen und alle zu berücksichtigenden Themen („vom neuen Türschild und Systemberechtigungen über den neuen Arbeitsvertrag bis hin zu neuen Prozessen“) im Rahmen eines „Transformation Boards“ sammeln und tracken.
Binden Sie relevante Stakeholder frühzeitig mit ein und holen Sie sich Unterstützung
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist neben dem beschriebenen strukturierten Vorgehen die Einbindung relevanter Stakeholder zum „richtigen“ Zeitpunkt – so schaffen Sie essenziell wichtige Akzeptanz. Während der generelle Rahmen für die zukünftige Organisation wahrscheinlich eher im kleinen (Führungs-) Kreis diskutiert wird, empfiehlt sich die sukzessive Einbindung weiterer Leitungsebenen, je mehr man ins Detail geht. Auch eine transparente Kommunikation an die Mitarbeitenden ist ein wichtiger Faktor.
Auch empfehle ich Ihnen, sich externe Unterstützung (zum Beispiel durch eine Unternehmensberatung) zu suchen. Dies ist (unter anderem) deshalb vorteilhaft, da die Bewertung der Organisationsprinzipien nochmal durch wertvolle externe Eindrücke ergänzt werden kann und zusätzliche Impulse zum Beispiel bei der Ausarbeitung von Organisationsvarianten eingebracht werden.
Schlussendlich gilt, dass natürlich jeder Organisationstransfer einzigartig ist, da jede Organisation ihre grundeigenen Spezifika aufweist. Durch das beschriebene und größtenteils allgemeingültige Vorgehen kann jedoch die notwendige Struktur geschaffen werden – die Einbindung von externer Unterstützung schafft zusätzlich Objektivität.
Quelle: B4B Schwaben
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