Die CSRD-Pflicht wird um zwei Jahre verschoben. Das hat das EU-Parlament Anfang April beschlossen. Was das „Stop-the-Clock“ für die Unternehmen bedeutet und warum Nachhaltigkeitsberichte dennoch weiterhin wichtig sind, erklärt Nachhaltigkeitsexperte Dr. Mathias Bauer von Blue Advisory.
Am 26. Februar hat die Europäische Kommission das sogenannte „Omnibus I“-Paket vorgestellt, das umfassende Änderungen der EU-Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten enthält. Ziel der Verordnung ist es, Unternehmen bei der Umsetzung bestehender Gesetzgebungen zu entlasten und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der EU zu stärken. Einen zentralen Teil des Entwurfs, den sogenannten „Stop-the-Clock“-Vorschlag zur zeitlichen Verschiebung des Anwendungsbeginns der Regulierungen, hat das EU-Parlament am 3. April nun genehmigt.
Was bedeutet „Stop-the-Clock “?
Für Unternehmen, die unter die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) fallen, bedeutet die Entscheidung des EU-Parlaments eine bedeutende zeitliche Verschiebung: Der ursprünglich für 2025 bzw. 2026 geplante Beginn der Berichtspflicht für Unternehmen der „Welle 2“ und „Welle 3“ wird jeweils um zwei Jahre auf 2027 bzw. 2028 verschoben. Unternehmen der „Welle 1“, die bereits jetzt berichtspflichtig sind, bleiben von dieser Änderung unberührt. Für sie gilt weiterhin die NFRD (Non-Financial Reporting Directive), da die CSRD in Deutschland noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurde. Auch in Bezug auf die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) gibt es eine Anpassung: Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von über 1,5 Milliarden Euro müssen die entsprechenden Anforderungen nun erst ab 2028 statt, wie ursprünglich geplant, ab 2027 umsetzen.
Was muss noch beachtet werden?
Damit der Gesetzesentwurf endgültig in Kraft tritt, muss er noch vom Rat der Europäischen Union genehmigt werden, was jedoch als Formsache gilt. Danach haben die Mitgliedstaaten bis Ende des Jahres Zeit, die Regelungen in nationales Recht umzusetzen.
Zusätzlich sieht die neue Omnibus-Verordnung eine Einschränkung des Anwendungsbereichs vor. Sollte der derzeitige Vorschlag beibehalten werden, würde die Berichtspflicht künftig für Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden entfallen. Ob diese Änderung so kommt, ist noch offen. Sie wird unabhängig von der zeitlichen Verschiebung verhandelt, ein konkretes Datum für eine Entscheidung steht noch nicht fest.
Wie ist die Verschiebung durch „Stop-the-Clock“ zu bewerten?
Nach dem ursprünglichen Zeitplan hätten Unternehmen ab den festgelegten Stichtagen detaillierte Nachhaltigkeitsberichte gemäß den ESRS-Standards (European Sustainability Reporting Standards) vorlegen müssen, die alle wesentlichen ESG-Aspekte abdecken. Mit der Fristverschiebung haben Unternehmen nun mehr Zeit, sich inhaltlich und strukturell vorzubereiten – insbesondere so lange noch unklar bleibt, ob und wie die Schwellenwerte für die CSRD-Berichtspflicht angepasst werden.
Warum hat die EU die Frist verschoben?
Die EU reagiert damit auf die breite Kritik aus der Wirtschaft. Insbesondere viele mittelständische Unternehmen hatten den ursprünglich geplanten Zeitrahmen als zu ambitioniert betrachtet und auf den hohen administrativen Aufwand sowie begrenzte Ressourcen hingewiesen. Der „Stop-the-Clock“-Beschluss lässt sich daher als pragmatischer Kompromiss zwischen politischem Anspruch und der unternehmerischen Realität verstehen.
Warum bleibt die Nachhaltigkeitsberichterstattung trotz dieser regulatorischen Änderungen von Bedeutung?
- Trotz der Verschiebung bleibt für viele Unternehmen die Nachhaltigkeitsberichterstattung von großer Relevanz. Die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Erfüllung der erwarteten Berichtspflichten sind dabei keinesfalls vergeblich. Auch wenn sich der Rahmen durch die Omnibus-Initiative ändern könnte, sollten Unternehmen grundlegende Themenfelder der Nachhaltigkeit, wie etwa die CO₂-Berichterstattung, weiterhin ernst nehmen. Insbesondere Unternehmen als Teil von Wertschöpfungsketten müssen damit rechnen, dass ihre Partner in der Wertschöpfungskette CSRD-relevante Daten anfordern, um ihre eigenen Berichtspflichten zu erfüllen.
- Die Auswirkungen auf Fremdfinanzierungen und die Informationsanforderungen von Banken an nicht mehr berichtspflichtige Kreditnehmer lässt sich noch nicht abschließend bewerten, man muss jedoch davon ausgehen, dass auch hier weiterhin Vorteile bei Ratings durch eine standardisierte Vorgehensweise im Sinne der Nachhaltigkeitsberichtslegung erzielt werden. Oftmals fallen Ratings durch Kreditinstitute wesentlich besser aus, wenn durch die Unternehmen aktiv Berichtsdaten übermittelt werden, als wenn die Daten durch die Institute selbst passiv ermittelt werden.
Es ist daher ratsam, dass Unternehmen, die bereits erste Schritte oder auch bedeutend mehr unternommen haben, den begonnenen Weg (ggf. mit kurzer Pause) mit Bedacht weiter fortsetzen – möglicherweise nun mit dem freiwilligen und kompakteren VSME-Standard. Es gilt weiterhin, die laufenden und geplanten Entwicklungen im Blick zu behalten und abzuwarten, um angemessen auf die konkreten Änderungen der rechtlichen Grundlagen reagieren zu können.
(Quelle: B4B-Schwaben)